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12. Oberzalim Hütte – Pfälzer Hütte


Diesmal starten wir an der Oberzalim Hütte (1.889 Meter). Angeregt wurde der Bau durch die beiden Brandner Wirte Adam Beck und Vincenc Gaßner. Als Wirte auch für die Straßburger/Mannheimer Hütte, wollten Sie eventueller Konkurrenz vorbeugen. Die Hütte sollte ihnen aber auch als Versorgungsbasis für die Straßburger/Mannheimer Hütte dienen. 1905 wurde mit dem Bau begonnen und am 14. August desselben Jahres Eröffnung gefeiert.

Noch einen schnellen Kaffee und schon steigen wir über den Leiberweg, eine teilweise in den Felsen gesprengte Steiganlage, zur Mannheimer Hütte auf 2.679 Meter. Dieser Steig entstand zeitgleich mit dem Bau der Alpenvereinshütte. Über diesen Weg schleppten die Arbeiter das Holz und weiteres Material, das für den Bau der Hütte notwendig war. Die kleine Materialseilbahn wurde erst im Jahr 1911 installiert. Endpunkt der letzten und damit Ausgangspunkt der nunmehrigen Etappe ist der im Schesaplana Sattel befindliche Grenzstein Nummer 4. In Sichtweite der Mannheimer Hütte, die 1904/05 als Straßburger Hütte erbaut wurde, kommt ein eindeutiger Hinweis von Hannes: „Wir gehen an keiner Hütte vorbei!“ Da wir dem nichts entgegenzusetzen haben, gönnen wir uns eine „Franziskaner Pause“.

Die Hütte wurde nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs für die Allgemeinheit geschlossen. Der Besuch des grenznahen Schesaplanagebiets war zu dieser Zeit nur mit militärischer Erlaubnis möglich und die Hütte wurde ausschließlich von Grenzbeamten benutzt. Da nach Ende des Krieges Straßburg nicht mehr dem deutschen Staatsgebiet zugehörig war, wurde die Sektion Straßburg des DuÖAV aufgelöst. Um die verwaiste Hütte bewarben sich mehrere Sektionen. Die Sektion Pfalzgau (Pfälzgau), die heutige Sektion Mannheim, erhielt 1920 den Zuschlag. Zwischen den Kriegen erlebte die Hütte für kurze Zeit eine neue Blüte. Doch bereits 1933, als die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht ergriffen und als Druck-mittel gegen Österreich die Tausend-Mark-Sperre errichteten, sanken erneut die Besucherzahlen. 1939 wurde der gesamte Rätikon auf der deutsch-österreichischen Seite und somit auch die Rätikon-Hütten für zivile Besucher gesperrt. In die Straßburger Hütte zogen Beamte der Grenzschutzstelle ein, um die Grenze zur neutralen Schweiz zu sichern und ein Überlaufen von Desserteuren und einen Übertritt von Flüchtlingen zu verhindern. Nach Ende des Krieges stiegen die Besucherzahlen bald wieder deutlich an und die 1946 neu gegründete Sektion Mannheim übernahm 1956 die Verwaltung der Oberzalim- und der Straßburger Hütte.

Der ehemalige Hüttenwirt der Mannheimer, ehemals Straßburger Hütte, Alois Beck, fand im Sommer des Jahres 1945 einen Fallschirm auf dem Brandner Gletscher, der aus dem Eis ausaperte. „Wie kommt der Fallschirm auf den Brandner Gletscher?“, wird er sich gedacht haben.

Absprung in Schneesturm

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (5. Februar 1945) ist ein Bomber der 15th Air Force, 2nd Bomb Group der US Air Force auf dem Rückflug nach einem Einsatz über Regensburg, unweit des Brandner Gletschers in Scarl Graubünden abgestürzt. Während die Besatzung über der schweizerisch-österreichischen Grenze mit dem Fallschirm die B-17 verließ, stürzte die Maschine beim Piz Plazer ab. Auch diesmal waren die Ölraffinerien von Regensburg das Ziel von 1st Lt Maurice D. Porter. Er hatte bereits einen Motor und viel Treibstoff verloren. Sgt Kenneth L. Hoffman setzte einen Funkspruch zur Station in Foggia in Süditalien ab und verließ die Formation Richtung Schweiz. Als die Situation immer kritischer wurde, gab Porter den Befehl das Flugzeug zu verlassen. Beim Absprung verlor die Besatzung im herrschenden Schneesturm die Orientierung. Die führerlose Maschine stürzte etwa 45 km weiter am Piz Plazer bei Scarl ab. Die Crew wurde auf dem Brandner Gletscher im Schneesturm getrennt und ging verschiedene Wege. Kugelturmschütze Sgt Christian L. Fredrickson wurde zwei Stunden später von österreichischen Grenzwächtern wenige Meter von der Schweizer Grenze entfernt aufgegriffen. Pilot Maurice Porter, Copilot 2Lt Donald M. Fishback und der Bordmechaniker Sgt Charles E. Smith wurden am folgenden Morgen von der Wehrmacht geschnappt und in ein Gefangenenlager bei Oberursel gebracht. Sgt John P. Olinik, Sgt Kenneth L. Hoffman, Sgt Glenn W. Machovec, Sgt Arden O. Lannigan und Sgt Franklin T. Wartman fanden Schutz in einer Waldhütte und wurden erst am 15. Februar von Schweizer Grenzern 800 Meter von der Grenze entfernt entdeckt. Der Navigator F/O John E. Skoba wurde erst am 24. Mai 1945, also nach dem Krieg, gefunden. Er hatte sich beim Absprung mit dem Fallschirm tödliche Kopfverletzungen zugezogen und wurde auf dem amerikanischen Friedhof in Münsingen beerdigt. Der damalige Grenzwächter Domenik Gisep erinnert sich: Deutliche Geräusche und Detonationen ließen vermuten, dass ein Bomber beim Chruschettapass beim Piz Plazer abgestürzt war. Grenzwächter aus Scarl wollten sich zur Unfallstelle begeben, wurden aber von einer Lawine erfasst, worauf sich Rettungsmannschaften auf den Weg machten. Die Grenzwächter konnten sich mittlerweile selber befreien. Mit dem Rettungsteam konnten sie aber nur noch den zerschellten Bomber sichten. Da keine Besatzung gefunden wurde, nahmen die Behörden deren Tod an. Man vermutete, dass sie in einem weiteren Umkreis der Absturzstelle auf 2.700 Meter über Meer in den Schneemassen lagen.

Über den Brandner Gletscher, vorbei am Ombrometer und entlang der Grenzschrofen des Alpsteins erreichen wir den Schesaplana Sattel. In westliche Richtung geht es nun im Grenzbereich der drei Schafköpfe über brüchige Schrofen und Grate weiter zum Schafloch. Der Gipfel des Salaruelkopf (2.841 Meter), südlicher Ausläufer des Panüler Kopf, befindet sich auf der Grenzlinie. Ein brüchiger Steinhaufen, als Gipfelziel ansonsten wenig lohnend, aber als Grenzberg für unser Vorhaben verpflichtend. Zurück im Schaflochsattel, wählen wir für die Fortsetzung den Liechtensteiner Höhenweg, da uns ein Abstieg über den brüchigen Westgrat riskant erscheint. Über ein ca. 40 Zentimeter breites Felsband, mit Drahtseil gesichert, wird die Wand in luftiger Höhe gequert. Wer sich entspannt, wird die Sicht über das Churer Rheintal und den Calanda genießen können. Nahe dem Schwarzen Sattel (2.662 Meter) wartet der nächste Grenzberg – der Salaruel Schafberg (2.730 Meter), den wir über ausgedehnte Schutthalden, brüchige Schrofen und ebenso brüchige Bänder erklimmen. Da der Abstieg auf der Westseite nicht lohnend ist, geht es zurück zum Liechtensteiner Höhenweg und durch die steilen Schrofen der Schafberg-Südwand (Drahtseile) weiter zum Salarueljoch (Chlei Furgga).


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