8. Vom Zollamt Tisis entlang des Rheins nach Schmitter
- Sigi Schwärzler
- 15. Juni 2017
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Okt. 2020


Einmal gemütlich den Grenzverlauf erkunden ist das heutige Ziel. Ohne vierstellige Höhenmeter in unwegsamen Gelände. Mit dem Bike starten wir beim Feldkircher Bahnhof und erreichen in flotter Fahrt die Grenze in Tisis. Ein letztes Gruppenfoto mit Bike vor dem Zollamt Schaanwald und schon kann es losgehen. Über das Bahngleis und auf Feldwegen fahren wir zum Grenzbiotop, welches vom Bächlein Esche gespeist wird. Beim alten Zollamt in Hub stehen die Schranken mittlerweile offen, auch für uns Biker. Auf der Ostseite des Schellenbergs queren wir den Tostner Wald, die Bikes meist schiebend, tragend und selten fahrend. An den Felsen des Schellenbergs, die sich von Feldkirch bis nach Liechtenstein ziehen, finden sich unzählige herausfordernde Kletterrouten, aber nur für die „Guten“. Wer den „VIII-er“ nicht draufhat, muss schon gut schauen und suchen, um Kletterbares zu finden. Unmittelbar unterhalb der Felsen verläuft ein schöner, beliebter Wanderweg, auf dem man zu den verschiedenen Sektoren des Weges gelangt.
„Auf der Egg“ genießt man einen schönen Ausblick auf die Schweizer Berge und das Rheintal. Rich-tung Gantenstein führt der Weg der Liechtensteiner Grenze entlang und schließlich ganz nach Liechtstein. 1699 erwarb Fürst Adam von Liechtenstein die Herrschaft Schellenberg von den hoch verschuldeten Grafen von Hohenems. 1712 kaufte er ebenfalls die Grafschaft Vaduz und am 23. Jänner 1719 vereinigte ein Diplom von Kaiser Karl VI. die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg zum Reichsfürstentum. Liechtenstein, das wirtschaftlich lange sehr rückständig blieb, schloss im Jahre 1852 einen Zollvertrag mit Österreich, welcher einen Aufschwung mit sich brachte. Nach dem Ersten Welt-krieg jedoch, als Österreich den Krieg verloren hatte, gingen die Habsburger ins Exil und ließen ein verarmtes Land zurück. Liechtenstein orientierte zur Schweiz und schloss 1923 einen Zollvertrag. Seit dieser Zeit bestehen die Grenzbalken Richtung Österreich. Nachdem sich 1938 Österreich an Nazi-Deutschland angeschlossen hatte, verließ Fürst Franz Josef II. von Liechtenstein seine Heimat Österreich und hatte als erster Fürst seinen Wohnsitz im Schloss Vaduz.
In Hinterschellenberg nützen wir die Möglichkeit, bei einer privaten Geburtstagsfeier eine Pause einzulegen und uns auf ein helles „Denner Lager“ einladen zu lassen. Beim Zollamt in Bangs radeln wir auf Liechtensteiner Seite entlang des Frickgrabens zur Bangser Kapelle, welche 1655 erbaut wurde. Nach der katastrophalen Überschwemmung 1927 wurde Bangs entsiedelt. Einzig die Zöllner und einige ältere Menschen blieben zurück. Die bisherigen Bewohner brachen ihre Häuser ab und übersiedelten ins benachbarte Nofels. Angesichts der großen Wohnungsnot nach dem Krieg wurden ab 1948 wieder Baubewilligungen für Bangs erteilt.
Die Naturschutzgebiete Matschels und Bangs wurden aufgrund ihrer EU-weiten Bedeutung zu einem Europaschutzgebiet zusammengelegt. Die Streuwiesen werden nicht gedüngt und nur einmal im Jahr gemäht. Im Frühjahr verwandeln Millionen von Sibirischen Schwertlilien die Wiesen in ein leuchtendes Blütenmeer. Sie sind Heimat nicht nur vieler an nährstoffarme Lebensräume angepasster Schmetterlingsarten, sondern ebenso für die weltweit bedrohte Vogelart Wachtelkönig.
Am 16. Juli 1999 wurde ein Schweizer Grenzwächter Opfer eines Waffennarrs und mutmaßlichen Waffenschmugglers. Das Grenzgebiet im Ruggeller Ried war in der Vergangenheit immer wieder von Menschenschleppern genutzt worden. Daher gingen die beiden Grenzwächter vermutlich davon aus, sie hätten es mit einem dieser Schlepper zu tun. Jedenfalls fanden sie im Kofferraum des deutschen Staatsangehörigen eine leere Schachtel mit der Aufschrift „Smith & Wesson“. Dies veranlasste die Grenzwächter, den Mann eingehender zu kontrollieren. Was sie allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnten war, dass der 42-Jährige in Deutschland wegen Betrug, Diebstahl, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch vorbestraft war und sich in seinem Auto zwei Revolver, eine Maschinenpistole und 70 Revolverpatronen befanden. Als die Grenzwächter den Verdächtigen einer Leibesvisitation unter-ziehen wollten, kam es zu einem Handgemenge. Es gelang den Grenzwächtern dennoch, dem Verdächtigen Handschellen anzulegen. Einer der Grenzwächter begab sich daraufhin zum Dienstfahrzeug, um Verstärkung anzufordern, während sein Kollege Andreas Flütsch beim Verdächtigen blieb. Wie es diesem dann gelingen konnte, eine Waffe in die Hand zu bekommen, ist bis heute ungeklärt. Jedenfalls schoss er sowohl auf den Grenzwächter, der vom Fahrzeug zurückkehrte, als auch auf Andreas Flütsch, welchen er zweimal in den Kopf und einmal in die Brust traf und so tödlich verletzte. Der zweite Grenzwächter, dessen Funkgerät die Kugel abgelenkt hatte, konnte das Feuer erwidern und den Täter mit drei Kugeln stoppen. Er verstarb noch vor Ort. (Gedenktafel)
Auf dem Rheindamm, beim Zollamt Bangs vorbei, gelangen wir nach einigen Kilometern zum Illspitz. Da die Hitze unerträglich wird und Hannes an Flüssigkeitsverlust leidet, müssen wir den Damm verlassen und in Meiningen eine Labstelle suchen. Im Ortszentrum hat das Chinarestaurant „Paradies“ geöffnet und der asiatische Ober mit Vorarlberger Slang serviert uns umgehend ein „Erdinger Weißbier“. Gestärkt verlassen wir die gastliche Stätte, schwingen uns auf die Drahtesel und fahren weiter dem Rheindamm folgend, die Zollämter Koblach und Mäder passierend dem Alten Rhein entgegen. Beim Zollamt Schmitterbrücke beenden wir die heutige Grenztour und gelangen über den Kreisverkehr beim Schweizerhaus nach Dornbirn.
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